Anti-TKTL1-Diät

Die “Anti-TKTL1-Diät” sieht eine Kohlenhydratreduktion auf maximal 1 g Kohlenhydrate pro kg Körpergewicht (pro Tag) vor. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) bemerkte in ihrer Evidenz basierten Leitlinie: Kohlenhydratzufuhr und Prävention ausgewählter ernährungsmitbedingter Krankheiten mit Aktualisierungsstand 2011 folgendes zum möglichen Zusammenhang von aufgenommener Kohlenhydratmenge und Krebsentstehung:

Mit möglicher Evidenz besteht kein Zusammenhang der Kohlenhydratzufuhr insgesamt mit dem Risiko für maligne Tumoren in Magen, Brust, Gebärmutterschleimhaut und Pankreas.”

(Kapitel 9: Kohlenhydratzufuhr und Prävention von Krebskrankheiten)

Diese Formulierung deutete darauf hin, dass aufgrund der wissenschaftlichen Datenlage höchstwahrscheinlich nicht von einem Zusammenhang zwischen Kohlenhydratzufuhr und Krebs der genannten Organe auszugehen ist; wobei allerdings Änderungen dieser Einschätzung durch neuere Erkenntnisse nicht vollkommen auszuschließen sind.

In einem ergänzenden Positionspapier zu der genannten Leitlinie bestimmte die DGE als Richtwert für den Energieanteil von Kohlenhydraten in der Ernährung 50% der täglichen Gesamt-Energie-Aufnahme.

Bei einem Energiebedarf von z.B. 2000 kcal pro Tag sollten also insgesamt etwa 250 g Kohlenhydrate verzehrt werden. Bei der “Anti-TKTL1-Diät” beträgt die Kohlenhydratzufuhr bei 50 Kg Körpergewicht beispielsweise 50 g Kohlenhydrate pro Tag. Dies liegt sehr weit unter den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V.

Gemessen an den Empfehlungen der DGE könnte also die Anti-TKTL1-Diät zur “Gefahr einer signifikanten Fehlernährung” führen – was wiederum möglicherweise negative Auswirkungen auf das Immunsystem haben könnte.

Die Krebsgesellschaft NRW schrieb in ihrer Info-Reihe “Komplementäre Behandlungsmethoden bei Krebserkrankungen” zur Anti-TKTL1-Diät:

Bedenkliche therapeutische Maßnahmen
Antikrebs-Ernährung
In jüngster Zeit wird dem Zuckerkonsum mal wieder eine Rolle bei der Entstehung und Verbreitung von Krebs angelastet. Experimentelle Laboruntersuchungen haben ergeben, dass vereinzelte Krebszellen das Enzym TKTL-1 (= Transketolase-1) enthalten, das die Fettverbrennung als Energieträger abschaltet. Die entsprechenden Krebszellen sind abhängig von Glukose (= Zucker) als Energielieferant. Daraus entstanden ist die so genannte ‚neue Anti-Krebs-Ernährung‘ oder auch ‚TKTL-1 Ernährungstherapie‘, die Blutzuckerwerte reduzieren und die Insulinfreisetzung durch die Bauchspeicheldrüse hemmen soll.
Zur Durchführung der ‚neuen Anti-Krebs-Ernährung‘ wurde vom ‚Erfinder‘ ein spezielles Nahrungsmittelpaket entwickelt, das unter anderem Marmelade, Salami, Bierwurst, Proteinnudeln, Proteinbrot, Kuchen u.a.m. enthält. Die Kosten für dieses Diätpaket sind beträchtlich.
Bewertung und Empfehlung
Die Feststellung, dass Zucker das Krebswachstum fördert oder gar an einer Krebserkrankung schuld ist, kann wissenschaftlich nicht belegt werden! Auch die Empfehlung, sich zuckerfrei zu ernähren um gesund zu bleiben, ist wissenschaftlich nicht haltbar! Es ist zwar tatsächlich so, dass Krebszellen verstärkt Kohlenhydrate (= Zucker) aufnehmen und verstoffwechseln, sie tun dies aber auch, wenn man gar keinen Zucker isst. Denn selbst, wenn man in seiner Ernährung ganz auf Zucker verzichtet, wandelt der Körper andere Nährstoffe in Zucker um. Es ist also nicht möglich, einen Krebs durch Zuckerverzicht ‚auszuhungern‘. …“

Untersuchungen des TKTL1-Wertes sowie anderer, in diesem Zusammenhang erhobener Immunparameter werden nicht als Vertragsleistungen angeboten, sondern nur privatärztlich (bisher wohl nur die Labore BioVis in Limburg und InVitaLab in Neuss).

Nach den Ausführungen der Labore zur Interpretation der TKTL1-Befunde ist der TKTL1-Test nur verwertbar, wenn entweder die Therapie noch nicht abgeschlossen ist oder innerhalb von fünf Jahren nach Therapieabschluss. Zur “Nachsorge” und Spätrezidiv-Erkennung sind diese Laborwerte also nach eigenen Aussagen der Labore nicht geeignet.

Auch sei hingewiesen auf Veröffentlichungen des Entdeckers des TKTL1-Genes und Haupt-Befürworters der Anwendung von TKTL-1 in der Krebstherapie, Dr. Coy:
Danach ist der so genannte EDIM-TKTL1-Test nicht bei allen Tumorarten verwertbar. Studien hätten bis jetzt Hinweise auf einen Nutzen des EDIM-TKTL1-Tests bei Bronchialkarzinom, kolorektalen Karzinomen, Plattenepithelkarzinomen der Mundhöhle sowie Hirntumoren ergeben.
Aufgrund der Veränderungen des Blutbilds bei systematischen Krebserkrankungen (z.B. Lymphomen und Leukämien) wurde der Einsatz des EDIM-TKTL1-Bluttest bei diesen Erkrankungen von Dr. Coy selbst nicht empfohlen. Auch als Screening oder Früherkennungs-Untersuchung soll der EDIM-TKTL1-Bluttest nach Angaben Dr. Coys nicht geeignet sein.

Der EDIM-Test wird mittels Bestimmung von Apo10 und TKTL1 in Immunzellen durchgeführt. Dies kann möglicherweise im Rahmen einer Immunphänotypisierung bei Tumorerkrankungen geschehen.

Als Selbstzahlerleistung wurden für den Test im Jahr 2014 wohl mindestens 148 € veranschlagt. (Prof. inv. Dr. med. Hans-Joachim Muhs, Evangelisches Krankenhaus BETHESDA zu Duisburg, in einem Interview der Zeitschrift “MamazoneMag” vom Mai 2014).

Abgrenzung / Begriffsklärung / Legalstatus

Bei der “Anti-TKTL1-Diät” handelt sich um eine Ernährungsform, die umstritten ist und die bei einseitiger/unkritischer Auslegung durch Patienten möglicherweise zu Fehlernährung bzw. Unterernährung führen kann.
Im Zusammenhang mit dem propagierten Ernährungskonzept werden diverse Testverfahren angeboten, deren Nutzen umstritten ist.

Weblinks

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