Elektronenmikroskopie

Beschreibung / Funktionsprinzip / Hintergrund

Die Hautklinik der Universitätsklinik Heidelberg und die Universitäts-Hautklinik Tübingen1 bieten als akademische Zentren in Deutschland spezielle elektronenmikroskopische Untersuchungen bei Krankheitszuständen an, für die bislang noch keine spezifischen molekulargenetischen Marker bekannt sind oder als Voruntersuchung, um eine spezifische genetische Untersuchung zu planen und den konkreten Defektverdacht einzugrenzen. Hierdurch soll eine bessere Zuordnung von Erkrankungstypen im Einzelfall möglich werden, die ihrerseits dann wieder bessere prognostische Aussagen und ggf. auch therapeutische Konsequenzen im Einzelfall bzw. eine bessere Therapiesteuerung oder Lebensplanung erlauben sollen.

Die elektronenmikroskopische Untersuchung erfolgt an Material, dass durch eine Hautbiopsie gewonnen werden muss.

Indikation

Haupt-Zielerkrankungen sind:
Bindegewebserkrankungen wie erbliche Verhornungsstörungen (Ichthyosen, bullöse Erkrankungen bzw. Epidermolysen), Hypermobilitätssyndrome wie Ehlers-Danlos-Sydnrom, Cutis laxa und andere seltene Syndrome.

Die “Indikationskriterien zur Bewertung genetischer Diagnostik” der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik e. V. führen das Ergebnis der elektronenmikroskopischen Untersuchung als ein Kriterium zur Sicherstellung der medizinischen Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer genetischen Untersuchung bei Verdacht auf eine entsprechende genetisch bedingte Erkrankung auf.

Generell soll die elektronenmikroskopische Untersuchung hier sowohl der Differentialdiagnostik als auch – bei positivem Befund – der Indikationsstellung für eine genetische Einzelfall- oder Familienberatung dienen.

Medizinisch sinnvoll kann die Untersuchung somit sein, wenn Hinweise auf mögliche therapeutische Konsequenzen aus der Diagnostik vorliegen oder Hinweise darauf, dass bei einem möglichen positiven Untersuchungsergebnis eine genetische Familienberatung indiziert wäre.

Anzumerken ist prinzipiell hinsichtlich der Indikationsstellung für jedwede weiterführende Diagnostik zur Bestätigung oder zum Ausschluss eines Ehlers-Danlos-Syndroms, dass klinische Hinweise auf das Vorliegen eines Ehlers-Danlos-Syndroms unspezifisch sein können und die Indikation für solche Untersuchungen daher möglichst gemeinsam mit Experten gestellt werden sollte, die über diagnostische und therapeutische Erfahrung mit dem Krankheitsbild verfügen.

Legalstatus

Eine Abrechnung über GOP 19314 ist laut den in InfoMeD eingestellten tabellarischen Erläuterungen “Abgrenzungsfragen zum EBM” der Sozialmedizinischen Expertengruppen SEG 4 und der SEG 7 möglich. In diesem Dokument heißt es:

Die Elektronenmikroskopie ist in der GOP 19314 als Zuschlagsposition zur histologischen Untersuchung GOP 19310 enthalten.”

Der entsprechende Text des EBM lautet:

19314 – Zuschlag zu der Gebührenordnungsposition 19310 für die Einbettung in Kunststoff zur Anwendung technischer Sonderverfahren (z. B. Semidünnschnitttechnik, Elektronenmikroskopie, Knochenuntersuchung ohne Entkalkung)“.

Der Text der GOP 19310 im EBM lautet:

Histologische oder zytologische Untersuchung eines Materials
Obligater Leistungsinhalt

– Histologische Untersuchung
oder
– Zytologische Untersuchung

Im Text der Tabelle “Abgrenzungsfragen zum EBM” heißt es weiter:

Einige universitäre Zentren halten die Vergütung nach EBM für defizitär und beantragen Kostenübernahmezusagen der GKV zwischen 600,- € und 900,- €. Da es sich um eine im EBM abgebildete GKV-Leistung handelt, ist die Bewertung bzw. Vergütung nach EBM unerheblich und es handelt sich um eine vertragsärztliche Leistung. Bei Abrechnung außerhalb von Ermächtigungen stehen gerade den Universitätskliniken anderweitige Möglichkeiten offen.
Anmerkung:
Aus Sicht der GKV ist diese Leistung komplett in der GOP 19314 enthalten.
Die KBV sieht die Abbildung der Komplettleistung im EBM nicht eindeutig.

Von der KBV wurde diesbezüglich am 11. August 2010 eine schriftliche Antwort auf eine Anfrage der Deutschen Ehlers-Danlos Initiative e. V. erstellt, die von der Vorsitzenden Fr. Brigitte Blank an verschiedenen Stellen publiziert bzw. weitergegeben wurde. Dieser Antwort sind folgende Aussagen zu entnehmen:

Um eine Berechnungsfähigkeit zu ermöglichen, gibt es neben der Aufnahme einer Gebührenordnung Position in den EBM weitere Optionen. Diese bieten sich bei der niedrigen Untersuchungshäufigkeit und einem einzigen Leistungserbringer an:
Hier wäre zunächst die Kostenerstattung auf Antrag bei den Krankenkassen nach § 13 Abs. 2 im Einzelfall und als weitere Möglichkeit eine Sondervereinbarung mit der KV Baden-Württemberg oder eine Vereinbarung nach Paragraph 116b SGB V in Verbindung mit der Richtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses über die ambulante Behandlung im Krankenhaus nach Paragraph 116b SGB V zwischen der Universitätsklinik Heidelberg und den Krankenkassen zu nennen.
Aus Sicht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sollten die zuletzt genannten Wege bei der in Frage stehenden hoch spezialisierten Leistung versucht werden. …

Im Rahmen der Bearbeitung eines Einzelfalles wurde von der Techniker Krankenkasse am 21.06.2011 eine Anfrage an die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg gestellt, die am 22.06.20112 dahingehend beantwortet wurde, dass aus Sicht der KV Baden-Württemberg “das Verfahren der Elektronenmikroskopie zur Untersuchung menschlichen Gewebes keine vertragsärztliche Leistung darstellt“. In dem Schreiben der KV Baden-Württemberg wird weiter ausgeführt:

Elektronenmikroskopie wird zwar in der Gebührenordnung genannt, allerdings im Zusammenhang mit der Einbettung von Material in Kunststoff nach der GOP 19314 EBM. Auch der Nachweis von Viren mittels Elektronenmikroskopie stellt nach der GOP 32792 EBM eine vertragliche, berechnungsfähige Leistung dar, jedoch wie eingangs erwähnt, eben nicht zur Untersuchung menschlichen Gewebes.”

Auch die KV Niedersachsen wurde von der Techniker Krankenkasse wegen der Problematik befragt, diese teilte der anfragenden Kasse am 1. Juli 2011 mit, “dass es sich bei der elektronenmikroskopischen Untersuchung um keine EBM-Leistung handelt”.
Von der SEG 4 wurde das Schreiben der KBV an die Ehlers-Danlos Initiative auf Nachfrage aus dem MDK Niedersachsen (per E-Mail vom 18.03.2013) folgendermaßen kommentiert:

… es wird die Uni auf andere gesetzliche Abrechnungswege (z.B. HSA) verwiesen.
Keine Kostenerstattung zu EBM-Leistungen!

Alternativen

Als Alternativen zur elektronenmikroskopischen Untersuchung kommen unter Umständen – bei medizinischer Notwendigkeit – auch molekulargenetische Untersuchungen ohne vorangeschaltete Elektronenmikroskopie zur Klärung der Verdachtsdiagnose einer der von der Uniklinik genannten Zielerkrankungen (Bindegewebserkrankungen wie erbliche Verhornungsstörungen, Ichthyosen, bullöse Erkrankungen bzw. Epidermolysen, Hypermobilitätssyndrome wie Ehlers-Danlos-Sydnrom, Cutis laxa etc.) in Frage. Diese können im Einzelfall relevante Kosten verursachen, die bei negativem Ausfall der elektronenmikroskopischen Untersuchung im Regelfall vermieden würden.

Quellen

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