Methylphenidat-(MPH)-haltige Arzneimittel

Methylphenidat (MPH) ist in Deutschland in verschiedenen Dosierungen und galenischen Zubereitungen in Form diverser Handelspräparate verfügbar.
Einige der Arzneizubereitungen sind für die Therapie eines ADHS im Erwachsenenalter zugelassen (z.B. Medikinet® adult), andere nur für die Behandlung von Kindern (z.B. Concerta®; Ritalin LA®).

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hatte mit Datum vom 21.07.2011 zu den MPH-haltigen Arzneimitteln folgendes mitgeteilt:

“Das BfArM hat am 14.04.2011 erstmals einer Indikationserweiterung auf Erwachsene bei einigen Methylphenidat-haltigen Arzneimitteln zugestimmt. Bisher war die Zulassung wegen unzureichender Studiendaten auf die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen ab Jahren begrenzt. Aufgrund der nun vorliegenden Ergebnisse aus klinischen Studien konnte die Wirksamkeit und Sicherheit einer Anwendung bei Erwachsenen hinreichend belegt werden. Es handelt sich um die Zulassungserweiterung eines bestimmten Methylphenidat-haltigen Produktes auf Antrag eines bestimmten pharmazeutischen Unternehmens. Inhaber eines zugelassenen zusätzlichen Anwendungsgebietes für ein wirkstoffgleiches Arzneimittel sind allein berechtigt, die Fachkreise hierüber zu informieren. Arzneimittelrechtlich besteht aber kein Verbot, dass Ärztinnen und Ärzte für dieses zusätzliche Anwendungsgebiet auch andere wirkstoffgleiche Arzneimittel mit gleicher Wirkstärke und vergleichbarer Darreichungsform verordnen.
Die Ärztin/der Arzt trägt bei Verordnung für ein zusätzliches Anwendungsgebiet auch bei Fehlen einer entsprechenden Zulassung kein zusätzliches Haftungsrisiko, wenn das Arzneimittel für diese Indikation von den Verkehrskreisen regelmäßig angewendet wird und diese Anwendung dem anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht, also sachgerechter, bestimmungsgemäßer Gebrauch ist. Liegt für ein Arzneimittel die entsprechende Zulassung für ein Anwendungsgebiet vor, ist regelmäßig von einem bestimmungsgemäßen Gebrauch auch der anderen wirkstoffgleichen Arzneimittel auszugehen. Der pharmazeutische Unternehmer trägt auch für solche Anwendungen die verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung nach § 84 Arzneimittelgesetz. Das BMG hat in diesem Zusammenhang den Beschluss des B-GA mit Schreiben vom 14.07.2011 nicht beanstandet.”

In einem Schreiben des GKV-Spitzenverbandes vom 29.09.2011 verweist dieser in der Sache wie folgt:

“…da es sich um eine Zulassungserweiterung eines bestimmten Methylphenidat-haltigen Präparates handelt und nicht um eine separate Zulassung, hat das BMG in einem Schreiben klargestellt, dass arzneimittelrechtlich keine Bedenken bestünden, wenn Ärztinnen und Ärzte für dieses zusätzliche Anwendungsgebiet auch andere wirkstoffgleiche Arzneimittel mit gleicher Wirkstärke und vergleichbarer Darreichungsform verordnen. Es sei hierbei regelmäßig von einem bestimmungsgemäßen Gebrauch auch bei anderen wirkstoffgleichen Arzneimitteln auszugehen. Ein zusätzliches Haftungsrisiko bestünde nicht.”

Fachinformationen einzelner Präparate:

“Sicherheit und Wirksamkeit der Therapieinitiierung bei Erwachsenen oder der routinemäßigen Weiterbehandlung über das Alter von 18 Jahren hinaus wurden nicht nachgewiesen. …
Methylphenidat darf nicht bei älteren Patienten angewendet werden. Sicherheit und Wirksamkeit von Methylphenidat in dieser Altersgruppe wurden nicht nachgewiesen.”

Diese Aussagen können ganz offensichtlich nicht korrekt sein, da mindestens zwei Methylphenidat-haltige Arzneimittel – nämlich Medikinet® adult und Ritalin® adult zur Behandlung von ADHS bei Erwachsenen vom BfArM zugelassen wurden.
Insofern entspricht die Begründung für den Ausschluss erwachsener Patienten in der Fachinformation ganz offensichtlich nicht den Tatsachen, da Sicherheit und Wirksamkeit von Methylphenidat in dieser Altersgruppe mittlerweile als nachgewiesen anzusehen sind.

Ritalin LA ist im Rahmen einer therapeutischen Gesamtstrategie zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS) bei Kindern ab einem Alter von 6 Jahren indiziert, wenn sich andere therapeutische Maßnahmen allein als unzureichend erwiesen haben.
Die Behandlung muss unter der Aufsicht eines in der Behandlung von Verhaltensstörungen bei Kindern und/oder Jugendlichen erfahrenen Arztes erfolgen.

Zur Behandlung erwachsener ADHS-Patienten enthält diese Fachinformation indirekte Aussagen unter “Pharmakokinetische Eigenschaften”:

“Bei Kindern und Erwachsenen ist die relative Bioverfügbarkeit von Ritalin LA nach einer Gabe einmal am Tag mit der Gabe der gleichen Gesamtdosis von Ritalin oder Methylphenidat-Tabletten zweimal am Tag vergleichbar.”

Ritalin ist im Rahmen einer therapeutischen Gesamtstrategie zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS) bei Kindern ab einem Alter von 6 Jahren indiziert, wenn sich andere therapeutische Maßnahmen allein als unzureichend erwiesen haben. Die Behandlung muss unter Aufsicht eines Spezialisten für Verhaltensstörungen bei Kindern durchgeführt werden.

Ritalin® 10 mg Tabletten sind zusätzlich auch noch indiziert zur Behandlung der Narkolepsie bei Kindern und Erwachsenen.

Zur Behandlung erwachsener ADHS-Patienten enthält diese Fachinformation indirekte Aussagen unter “Pharmakokinetische Eigenschaften”:

Es gibt anscheinend keine Unterschiede in der Pharmakokinetik von Methylphenidat zwischen Kindern mit Hyperkinetischen Störungen/ADHS und gesunden erwachsenen Probanden.

Aus sozialmedizinischer Sicht sind alle Methylphenidat-haltigen Handelspräparate wirkstoffgleiche Arzneimittel, ohne Unterschied aufgrund der Zulassung für unterschiedliche Altersgruppen.

Hinsichtlich der, explizit für Erwachsene zugelassenen Präparate Medikinet® adult und Ritalin® adult können allerdings aufgrund der unterschiedlichen Galenik und Einzeldosis-Stärken der Arzneimittel-Präparate durchaus Unterschiede gegenüber speziell für Kinder zugelassenen Präparaten bestehen, welche zu Unterschieden hinsichtlich des Nebenwirkungs- und Interaktionsprofils führen können.
Eine Berücksichtigung dieser Faktoren durch die verordnenden Ärzte ist – selbstredend – auch bei wirkstoffgleichen, aber im übrigen unterschiedlichen Präparaten erforderlich.

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