Vitamin-D-Mangel
Ein länger bestehender Mangel an Vitamin D3 (Cholecalciferol, kurz Calciol oder Calceferol) führt bei Kindern zu Rachitis und bei Erwachsenen zu Osteomalazie.
Eine Vitamin-D-Unterversorgung wird als Risikofaktor für Autoimmunkrankheiten (wie z. B. Multiple Sklerose, Morbus Crohn, Diabetes mellitus Typ 1, Systemischer Lupus erythematodes) diskutiert.
Die Vitamin-D-Versorgung muss nicht ausschließlich über die Nahrung erfolgen, da es in der Haut aus 7-Dehydrocholesterol mithilfe von UVB-Strahlung gewonnen werden kann. Menschen mit dunkler Hautfarbe haben in nördlichen Breiten ein erhöhtes Risiko für einen Vitamin-D-Mangel.
Werte zwischen 30–60 ng/ml im Serum bedeuten nach gängigen Tabellen eine physiologisch ausreichende Versorgung.
Mögliche Überdosierung
Der Körper hat eine große Toleranz gegenüber den Vitaminvorstufen, nicht jedoch gegen die bereits aktivierte Form des Calcitriol. Mögliche Folgen einer Überdosierung mit Vitamin D3 können sein:
- überstimulierte Kalziumabsorption im Darm und Kalzium-Resorption aus den Knochen mit der Folge einer Hyperkalzämie (Kalzium im Serum > 2,75 mmol/l) und Hyperkalzurie (Kalzium-Ausscheidung > 10 mmol/24h).
- bei längerem Bestehen: Schädigung der Nieren durch Kalkablagerungen – (funktionelle) Niereninsuffizienz.
- bei längerfristiger Hyperkalzämie zudem möglich: Kalziumeinlagerungen in Blutgefäßen, Herz, Lungen, Muskeln und Sehnen und Osteoporose!
Zur Vermeidung chronischer Überdosierung unter hochdosierter Substitution ist neben der Kontrolle der 25(OH)Vitamin D-Konzentration im Serum und des Kalziumspiegels ggf. auch die Kontrolle des Parathormonspiegels wichtig.
Neben der möglichen Nierenschädigung und Kalziumeinlagerung in Weichgeweben sowie Kalziumverlust aus den Knochen kann eine chronisch überhöhte Vitamin-D-Zufuhr folgende Symptome verursachen: Anorexie, Gewichtsverlust, Erbrechen, Verstopfung, Bauchkrämpfe, Bluthochdruck, psychische Veränderungen, Muskel- und Sehnenschmerzen, Kopfschmerzen.
Legalstatus
Vitamin D3 ist laut Arzneimittelverschreibungsverordnung verschreibungspflichtig, ausgenommen in Zubereitungen, bei denen auf den Behältnissen und äußeren Umhüllungen eine Tagesdosis bis zu 1.000 I.E. angegeben ist.
Die in Deutschland auf dem Markt erhältlichen, verschreibungspflichtigen Vitamin-D-Präparate sind (zum Stand 2018) in verschiedenen Indikationen zugelassen: beispielsweise zur “Prophylaxe von Vitamin-D-Mangelerscheinungen bei Malabsorption … wenn eine orale Therapie nicht möglich oder nicht wirksam ist” (D3-Vicotrat®) oder zur “Zur einmaligen Anwendung bei der Anfangsbehandlung von Vitamin-D-Mangelzuständen” (Dekristol® 20000) oder “zur Initialbehandlung eines symptomatischen Vitamin-D3-Mangels bei Erwachsenen” Colecalciferol Aristo 20.000 I.E. Weichkapseln etc. …
Neben den apothekenpflichtigen Arzneimitteln existieren eine Vielzahl von Produkten, die sich nach EU-Recht als Nahrungsergänzungsmittel auf dem Markt befinden. Für Vitamin D in Nahrungsergänzungsmitteln sind derzeit keine Dosierungs-Höchstmengen festgelegt.
Im Gegensatz zu Arzneimitteln werden Nahrungsergänzungsmittel nicht zugelassen, sondern lediglich beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) registriert.
Nichtverschreibungspflichtige Vitamin-D3-Arzneimittel-Präparate (= apothekenpflichtiges und rezeptfreies Vitamin-D) werden, ebenso wie Nahrungsergänzungsmittel von der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht erstattet. Bei den Vitamin-D-Arzneimitteln begründet sich die fehlende Erstattungsfähigkeit durch § 31 in Verbindung mit § 34 SGB V.
Ausnahmsweise dennoch als Kassenleistung verordnungsfähig sind gemäß OTC-Ausnahmeliste apothekenpflichtige Vitamin D3 und Kalziumverbindungen (mind. 300 mg Kalziumion/Dosiereinheit) (freie oder fixe Kombination) nur zur Behandlung der manifesten Osteoporose, nur zeitgleich zur Kortikoidtherapie bei Erkrankungen, die voraussichtlich einer mindestens sechsmonatigen Kortikoidtherapie in einer Dosis von wenigstens 7,5 mg Prednisolonäquivalent täglich bedürfen sowie zeitgleich bei der Therapie mit einem Bisphosphonat gemäß Angaben in der jeweiligen Fachinformation bei zwingender Notwendigkeit.
Aktuelle Literatur (chronologisch absteigend):
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Pizzorno L, Pizzorno J. Vitamin D (Like Every Nutrient) is a Team Player. Integr Med (Encinitas). 2022 Sep;21(4):8-14. PMID: 36644600; PMCID: PMC9542927.
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Martineau AR, Jolliffe DA, Hooper RL, Greenberg L, et al. Vitamin D supplementation to prevent acute respiratory tract infections: systematic review and meta-analysis of individual participant data. BMJ. 2017 Feb 15;356:i6583. doi: 10.1136/bmj.i6583. (Comment in PubMed Commons)
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Martineau AR, Cates CJ, Urashima M, Jensen M, Griffiths AP, Nurmatov U, Sheikh A, Griffiths CJ. Vitamin D for the management of asthma. Cochrane Database Syst Rev. 2016 Sep 5;9:CD011511.
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Luo J, Liu D, Liu CT. Can Vitamin D Supplementation in Addition to Asthma Controllers Improve Clinical Outcomes in Patients With Asthma?: A Meta-Analysis. Medicine (Baltimore). 2015 Dec;94(50):e2185. doi: 10.1097/MD.0000000000002185.
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Castro M, King TS, Kunselman SJ et al.; National Heart, Lung, and Blood Institute’s AsthmaNet. Effect of vitamin D3 on asthma treatment failures in adults with symptomatic asthma and lower vitamin D levels: the VIDA randomized clinical trial. JAMA. 2014 May;311(20):2083-91.
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Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie: Immer wieder Vitamin D
Weblinks
- AWMF-Leitlinie: “Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose”
- Ärzteblatt 23.02.2017: Nutzen von Vitamin D bei Prävention weiter umstritten.
- Ärztezeitung vom 09.04.2009: Zwei Drittel der Patienten mit Rheumatoider Arthritis haben zu geringe Vitamin-D-Spiegel
- Ärztezeitung vom 10.09.2010: Vitamin-D-Mangel – ein unterschätztes Problem von Rheumapatienten
- Ärztezeitung vom 07.10.2010: Rheuma? Da heißt es Vitamin D!
- Ärztezeitung vom 05.02.2012: Solarium alle zwei Wochen füllt die Vitamin-D-Akkus
- Bundesinstitut für Risikobewertung: Vitamin D – aus Sicht der Risikobewertung
- Deutsche ApothekerZeitung: 31.05.2016: Wann ist Vitamin D ein Arzneimittel?
- Deutsche ApothekerZeitung: Dekristol® 20.000 IE – off label und gefährlich?
- Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V.: Fundstellen zu Vitamin D
- DVO Dachverband Osteologie e.V.: DVO Leitlinie Osteoporose 2017
- Endokrinologikum: Vitamin D-Mangel
- Guidelines.ch: Vitamin D Substitution
- ICD 10: M85 – Sonstige Veränderungen der Knochendichte und -Struktur
- Internisten-im-Netz 30.04.2018: Vitamin-D-Mangel – ein Hype?
- Is Sunscreen the New Margarine?
- KVNO: Verordnungen von Vitamin D auf Kassenrezept
- KVNO VerordnungsInfo Nordrhein: Vitamin D
- Osteoporose Selbsthilfegruppen Dachverband (OSD): Osteopenie
- Pharmazeutische Zeitung: Vitamin D – Das Hormon der Streithähne
- Pharmazeutische Zeitung: Ärzte warnen vor Überdosierung mit Vitamin D
- Stiftung Warentest: Sonnenstudios: Was Sie wissen müssen
- UV-Schutzverordnung (Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen künstlicher ultravioletter Strahlung)
- VitaminD.net (Dr. Schweikart GmbH): Vitamin D und Vitamin K
- Wikipedia: Osteopenie
- Wikipedia: Solarium: Gesundheitsrisiken
- Wikipedia: Vitamin D: Einfluss des Sonnenstandes