Bislang wurden folgende Pathomechanismen für die Entstehung von Long-COVID und Post-COVID in der Literatur diskutiert oder bereits identifiziert:
Antikörper gegen SARS-CoV-2, die gleichzeitig auch gegen körpereigene Strukturen wirken (“molekular mimikry”); Viruspersistenz mit persistierende Entzündungsreaktionen, im Rahmen der allgemeinen Infektions- und Entzündungsreaktion auftretende Auto-Antikörper, persistierende Entzündungsreaktion aufgrund von Auto-Antikörpern, Endothelschädigungen und Veränderungen des Gerinnungssystem durch direkte Virus-bedingte Schädigungen oder auto-immunologische Schädigungen.
Leitlinien und Stellungnahmen
- AWMF: Leitlinie “Post-COVID/Long-COVID“. Registernummer 020 – 027. Stand: 12.07.2021 (in Überarbeitung), gültig bis 31.08.2023 (in Überarbeitung). Federführende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP). https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/020-027.html.
- AWMF: Leitlinie “SARS-CoV-2, COVID-19 und (Früh-) Rehabilitation“. Registernummer 080 – 008. Stand: 01.11.2021 , gültig bis 31.10.2022. Federführende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Neurorehabilitation e.V. (DGNR). https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/080-008.html.
- AWMF: Leitlinie “Müdigkeit“. Registernummer 053 – 002. Stand: 01.10.2017 (in Überarbeitung), gültig bis 30.11.2021. Federführende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e.V. (DEGAM); https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/053-002.html.
- AWMF: Leitlinie “Neurologische Manifestationen bei COVID-19 Patient*innen – Living Guideline“. Registernummer 030 – 144LG. Stand: 20.12.2021 (in Überarbeitung), gültig bis 20.12.2022. Federführende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN). https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/030-144LG.html.
- Bundesärztekammer: Von der Bundesärztekammer wurde in einer außerordentlichen Sitzung am 23.09.2022 auf Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer eine Stellungnahme “Post-COVID-Syndrom (PCS)” beraten und beschlossen. Die Stellungnahme (DOI: 10.3238/arztebl.2022.Stellungnahme_PCS) ist abrufbar auf der Internetseite der Bundesärztekammer: https://www.baek.de/sn-pcs-2022 und wurde darüber hinaus im Deutsches Ärzteblatt vom 14. Oktober 2022 veröffentlicht (Dtsch Arztebl 2022; 119(41): A-1767 / B-1475. DOI: 10.3238/arztebl.2022.Stellungnahme_PCS).
- Robert-Koch-Institut: Das Robert-Koch-Institut bietet eine Informationsseite “Long COVID” auf einen Webseiten an. Die Seite ist abrufbar unter: Robert-Koch-Institut – Infektionskrankheiten A-Z – Coronavirus SARS-CoV-2 – Long COVID.
Literatur, Auswahl:
Kuehn BM. Cardiac Complications More Common After COVID-19 Than Vaccination. JAMA. 2022 May 24;327(20):1951. doi: 10.1001/jama.2022.8061. PMID: 35608572.
The risk of developing myocarditis and other inflammatory heart conditions after COVID-19 vaccination is substantially lower than it is after SARS-CoV-2 infection, according to an analysis of electronic health records from 40 US health systems. (JAMA Volltext)
Clift AK, Ranger TA, Patone M, Coupland CAC, Hatch R, Thomas K, Hippisley-Cox J, Watkinson P. Neuropsychiatric Ramifications of Severe COVID-19 and Other Severe Acute Respiratory Infections. JAMA Psychiatry. 2022 May 11:e221067. doi: 10.1001/jamapsychiatry.2022.1067. Epub ahead of print. PMID: 35544272; PMCID: PMC9096686.
Ziel dieser Kohortenstudie war, das Risiko bei stationären COVID-19-Patienten und bei stationären Patienten mit anderen infektiösen Atemwegserkrankungen zu vergleichen.
In dieser Kohorte mit Daten von 8,38 Millionen britischen Erwachsenen (4,18 Millionen Frauen, 4,20 Millionen Männer; mittleres Alter 49,18 Jahre) wurden 16.679 (0,02%) nach einer Krankenhausaufnahme wegen infektiöser Atemwegserkrankungen als geheilt entlassen. Das galt auch für 32.525 (0,03%) stationäre COVID-19-Patienten.
Im Vergleich zur übrigen Bevölkerung hatten Überlebende beider Gruppen ein höheres Risiko für nachfolgende neuropsychiatrische Diagnosen. So lag die HR für Angstzustände in der Gruppe ehemaliger Patienten mit sonstigen infektiösen Atemwegserkrankungen bei 1,86 (95%-KI 1,56-2,21) und bei ehemaligen COVID-19-Patienten bei 2,36 (95%-KI 2,03-2,74); als HR für eine Demenz nennen die Autoren 2,55 (95%-KI 2,17-3,00) bzw. 2,63 (95%-KI 2,21-3,14).
Ähnliche Ergebnisse wurden für Pharmakotherapien beobachtet. Beispielsweise lag die HR für die Erstverschreibung von Antidepressiva bei 2,55 (95%-KI 2,24-2,90) bzw. bei 3,24 (95%-KI 2,91-3,61). Beim direkten Vergleich der COVID-19-Gruppe mit der Gruppe anderer Atemwegsinfektionen wurden keine signifikanten Unterschiede festgestellt, abgesehen von einem geringeren Risiko der Verschreibung von Antipsychotika in der COVID-19-Gruppe (HR 0,80; 95%-KI 0,69-0,92).
Personen, die schweres COVID-19 überleben, haben ein erhöhtes Risiko für neuropsychiatrische Folgeerkrankungen.
Anlaufstellen, Hilfe
- Betroffenen-Initiative ‚Long COVID Deutschland‘
- Bundesministerium für Gesundheit (BMG): BMG-Initiative Long COVID.
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA): longcovid-info.de: Betroffene und Angehörige: Wo findet man Unterstützung?
- Deutsche Gesellschaft für ME/CFS: Was ist Long COVID?
Eine Möglichkeit, über die eigene unzureichende oder sogar verschlimmernde Versorgung bei Post-COVID zu berichten, bietet die Plattform “Patientenfeedback für Patientensicherheit” der Deutschen Gesellschaft für Patientensicherheit gemeinnützige GmbH.
WebLinks zu weiteren relevanten Quellen
- Ärzteblatt 13.06.22: Long COVID und ME/CFS: Bundesregierung tappt im Dunkeln
- Charité Berlin: Pressemitteilung über eine wichtige Studie zur Prognose von Post-COVID-Betroffene mit ausgeprägter Fatigue
- Hirschhausen und Long-Covid – die Pandemie der Unbehandelten:
- Prof. Scheibenbogen:
- ” wenn man das Risiko in sich trägt, eine Autimmunreaktion zu entwickeln, kann das auch durch eine Impfung ausgelöst werden. Dies Menschen hätten aber viel häufigere und viel schwerere Probleme, wenn sie eine Infektion gehabt hätten anstatt der Impfung, die sie vor der Infektion schützen könnten.”
- Hirschhausen – was von Corona übrig bleibt
- Interview mit Prof. Scheibenbogen:”… wer nur einen ganz milden Verlauf hatte, braucht sich keine Sorgen zu machen.”
- Pof. Stephan Sell – Blog “Aktuelle Sozialpolitik” vom 02.06.22: Long Covid, Post-Covid – ein „Schattenmonster“ oder doch nur ein Sturm im Wasserglas?
Antikörper-Diagnostik
- Ärzteblatt 2012: Autoantikörper schädigen Blutgefäße im Gehirn
- CellTrend GmbH: POTS – CFS/ME – SFN – LONG COVID
- Deutsche Gesellschaft für ME/CFS: Autoantikörper und Therapiestudien bei ME/CFS
- E.R.D.E.-AAK-Diagnostik GmbH
- IMD Berlin: Autoantikörperbestimmung bei chronischem Fatigue-Syndrom (CFS)
- Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) 22.08.14: Eine neue Methode, um ins Gehirn zu blicken
- Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) 28.11.2002: Blutwäsche fischt gezielt nach schädigenden Auto-Antikörpern
- Scheibenbogen, Institut Med. Immunologie, Charité: Autoantikörper gegen Adrenalin- und Achetylcholin-Rezeptoren bei ME/CFS
Word-Texte
Allgemeiner Text zu Post-COVID und TCM.
Allgemeiner Text zu Post-COVID und Fatigue.