Orphan Drugs – Arzneimittel für seltene Erkrankungen

Arzneimittel für seltene Erkrankungen

Für Patienten mit (sehr) seltenen Erkrankungen stehen häufig keine Standardtherapien zur Verfügung.
Zur Förderung der Entwicklung und Zulassung von Arzneimitteln für seltene Erkrankungen (Orphan drugs) werden von der europäischen Zulassungsbehörde EMA Anreize gegeben, u.a. wissenschaftliche Unterstützung, ggf. verminderte Gebühren und Marktexklusivität.
Voraussetzung zur Anerkennung als Arzneimittel für seltene Erkrankungen (Orphan designation) sind u.a. der beabsichtigte Einsatz zur Therapie, Prävention oder Diagnostik von lebensbedrohlichen oder chronisch einschränkenden Erkrankungen, eine Prävalenz der Erkrankung von nicht mehr als 5:10.000 und das Fehlen einer anderen zulassungsfähigen Alternative bzw. ein signifikanter Benefit durch das Arzneimittel für die von der Erkrankung betroffenen Patienten.
Die Bewertung und Anerkennung als Arzneimittel für seltene Erkrankungen erfolgt durch das Committee for Orphan Medicinal Products (COMP). Auf der Internetseite der EMA findet sich eine Auflistung der Bewertungen des COMP zu Anträgen auf Anerkennung als Arzneimittel für seltene Erkrankungen und auf der Internetseite der europäischen Kommission eine alphabetische Liste der anerkannten Arzneimittel für seltene Erkrankungen.

ACHTUNG:

Die Anerkennung als Arzneimittel für seltene Erkrankungen (Orphan drug) entspricht keiner arzneimittelrechtlichen Zulassung und entbindet nicht von der Durchführung von Zulassungsstudien und einem regulären Zulassungsverfahren. Zulassunganträge werden zentral bei der EMA durch das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) bewertet und ggf. durch die EMA zugelassen.

Der Einsatz auch eines von der EMA anerkannten “Orphan Drug” ohne Zulassung ist nach Arzneimittelrecht grundsätzlich verboten und eine Straftat (§§ 21 Abs. 196 Nr. 5 Arzneimittelgesetz (AMG)). Legal ist die Anwendung nur möglich im Rahmen einer Studie oder eines Härtefallprogramms.

IQWiG Bericht

Das IQWiG hat mit Datum 05.09.2014 im Auftrag des Bundesministerium für Gesundheit (BMG) einen “Rapid Report” zur Bewertung und Auswertung von Studien bei seltenen Erkrankungen veröffentlicht.
In diesem erfolgen grundsätzliche Überlegungen zu Designs, Vermeidung von Verzerrungen (Bias) und Bewertung der Ergebnissicherheit von Studien bei seltenen (Prävalenz < 5 : 10.000 Einwohnern) und sehr seltenen Erkrankungen (< 2 : 100.000 Einwohnern) anhand einer Auswertung der EU-weit zugelassenen Arzneimittel für seltene Erkrankungen (“orphan drugs”).
Die Ausführungen beleuchten einige grundsätzliche Probleme der Forschung bei seltenen Erkrankungen, gehen jedoch nicht auf praktische und ökonomische Probleme wie die Fragen der Kostenübernahme oder die Möglichkeiten einzelner Betroffener zur Teilnahme an solchen Studien ein. Hinsichtlich sehr seltener Erkrankungen werden Problem wie die Altersstruktur der Betroffenen und Organisations- und ethische Fragen, z.B. bei Studien mit Säuglingen und Kleinkindern, nicht berücksichtigt.



Nationale Zulassungsinformationen zu “Orphan Drugs”

Schweiz

In der Schweiz existiert ein eigenes nationales Programm, in dessen Rahmen “Orphan Drugs” für die Schweiz eine auf die Schweiz begrenzte, nationale Zulassung erhalten können. Bei der SwissMedic kann man eine Excel-Datei (auch mit OpenOffice zu öffnen) herunterladen, die alle nach Schweizer Recht national zugelassenen Arzneimittel für seltene Krankheiten auflistet.

USA

Bei dem US-amerikanischen Orphan Drug Designation Program handelt es sich um eine Mischung aus den “Orphan Designations” der EMA mit Zulassungs- und Vermarktungserleichterungen und den deutschen Härtefallprogrammen mit herstellergesponserter Versorgung für einzelne Patienten.
Die Datenbank “Orphan Drug Product designation database” kann über die FDA-Webseiten durchsucht werden (Search Orphan Drug Designations and Approvals).

Weiterführende Literatur

Der ehemalige leitende Arzt des MDS, Prof. Dr. Jürgen Windeler, und PD Dr. med. Stefan Lange, IQWiG, haben einen Artikel zur Nutzenbewertung bei seltenen Erkrankungen (PDF) veröffentlicht, der in der MDK/MDS-Datenbank InfoMeD eingestellt wurde.

Siehe auch:

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